Lauter anständige Leute

Der Preußenkönig Friedrich II. (1712 - 1786) wurde schon zu Lebzeiten Friedrich der Große genannt. Darüber hinaus war er auch bei seinem Volk beliebt, das vor allem seine Gerechtigkeit schätzte. In seinen älteren Jahren nannte man ihn ehrfürchtig einfach den Alten Fritz. Manches Mal ging er unter seine Landsleute, um ihre Sorgen und Nöte kennenzulernen. Andererseits brauchte sich niemand zu scheuen, seine Anliegen selbst vor den König zu bringen.
Einmal besuchte Friedrich II. ein Gefängnis. Er unterhielt sich mit den Gefangenen und erkundigte sich nach ihren Taten und ihren Urteilen. Der König sprach in seinem schlichten blauen Rock mit jedem Häftling persönlich. Dabei musste er zu seinem Erstaunen feststellen, dass alle Insassen des Gefängnisses unschuldig waren. Einer sagte, er sei verleumdet worden. Andere gaben an, einem Irrtum zum Opfer gefallen zu sein. Weitere hatten korrupte, ungerechte oder unfähige Richter. Der König hörte jedem gelassen zu. Dann kam er zu einem Mann, der den Kopf hängen ließ. Auf die Frage, warum er so bedrückt sei, antwortete dieser: "Majestät, ich bin ein Verbrecher. Es fing damit an, dass ich die Schule schwänzte. Später habe ich mich dann vor der Arbeit gedrückt und lag meinen guten Eltern auf der Tasche. Ich führte ein liederliches Leben und geriet in Schulden. Da habe ich angefangen zu stehlen und zu rauben. Ich habe andere verletzt und nun sitze ich hier. Mich plagt mein Gewissen, aber ich kann es nicht wieder gut machen."
Der Preußenkönig sagte zu dem reuigen Gefangenen: "Er ist hier der einzige Lump unter lauter anständigen Leuten. Scher Er sich fort, damit die anderen nicht durch ihn verdorben werden!" Von ihm versprach sich der König noch etwas Gutes und die Chance auf ein neues Leben. Von den anderen sagte er: "Die Burschen können ruhig weiter brummen. Sie lügen, sind selbstgerecht und haben kein Schuldgefühl."

Viele Menschen sind sehr bemüht, vor ihren Mitmenschen gut und anständig zu erscheinen! In den Augen der Menschen mögen sie es auch sein. Aber Gott lässt sich nicht täuschen und es gibt keinen Menschen, der vor ihm ohne Schuld wäre. Auch wenn wir in unserem Leben vielleicht nichts "Schlimmes" getan haben, ist unsere Selbstgerechtigkeit oft das größte Hindernis auf dem Weg zu Gott. Sie allein ist Sünde genug, um nicht in den Himmel zu kommen. Der breite Weg, der in die Verdammnis führt, hat auch eine bequeme Promenade. Diese führt nicht durch tiefen Schmutz, aber genauso ins ewige Verderben. Wie viele gehen dort, selbstsicher und unbeschwert! Und sie befinden sich dabei in zahlreicher und angenehmer Gesellschaft. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass bei uns nicht "alles in Ordnung" ist, wie wir es so oft behaupten. Viel zu oft verstecken wir unsere Schuld und unser Versagen hinter Ausreden und Scheinheiligkeit. Jesus spricht: "Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Gerechten" (Matth. 9,13). Wenn wir ihm unsere Not, unser Scheitern und Versagen bekennen, ist das der erste Schritt auf dem Weg zu ihm. Der Anfang eines neuen Lebens!