Elf Zeilen aus biblischen Zeiten

In der "Höhle des Horrors" in der Nähe des Toten Meers haben Forscher Pergamentfragmente mit biblischen Texten entdeckt. Die Schriften sind auf Griechisch verfasst. Außerdem fanden sie einen 10.500 Jahre alten Korb; den wohl ältesten Korb der Welt.

Beduinen und später israelische Archäologen fanden vor rund 60 Jahren Überreste einer rund 2000 Jahre alten biblischen Schriftrolle in einer Höhle in der Judäischen Wüste am Toten Meer. Das untersuchte Schüttmaterial in dieser als "Höhle des Horrors" bekannten Kaverne ließen sie zurück. Vor mehr als einem Jahr wurde dieses Schüttgut in der Höhle nun noch einmal untersucht und noch einmal wurden weitere rund 20 Schriftrollen-Fragmente gefunden. Die israelische Antikenbehörde stellte sie in der Forschungsabteilung des Israel-Museums in Jerusalem vor.

Soweit sich erkennen lasse, gehören die pergamentenen Fragmente zu Abschnitten aus dem Zwölfprophetenbuch, darunter Teile der Schriften Nahums, Kapitel eins, Vers fünf und sechs, sowie Secharjas, Kapitel acht, Vers 16 und 17. Insgesamt rekonstruierten die Forscher elf Zeilen Text. Sie tragen eine größere und eine kleinere Handschrift auf Griechisch, der damaligen Verkehrssprache. Allein der Name Gottes ist jeweils auf Alt-Hebräisch verfasst. Nach Angaben der Antikenbehörde handelt es sich um den ersten derartigen Fund biblischer Textfragmente seit 60 Jahren.

In den vierziger und fünfziger Jahren waren in derselben Gegend wenige Kilometer entfernt in Höhlen bei Qumran am Toten Meer im Westjordanland Handschriften von Beduinen entdeckt worden, die als älteste biblische Text-fragmente der Welt gelten und durch das Wüstenklima weitgehend erhalten geblieben sind. Die Abschriften umfassen einen Zeitraum zwischen etwa 300 vor und 100 nach Christus, ihre Verfasser sind unbekannt. Insgesamt rund 900 derartige Rollen sind bekannt, von denen allerdings wenig mehr als ein Dutzend die Zeiten als teilweise erhaltene Buchrolle überdauert haben.

Die "Höhle des Horrors" wiederum trägt ihren Namen nach dem dortigen Fund von 40 Skeletten, auch von Frauen, Kindern und Männern. Bei ihnen handelt es sich mutmaßlich um Flüchtlinge aus der Zeit des jüdischen Bar-Kochba-Aufstands gegen den römischen Statthalter von ungefähr 132 bis 135 nach Christus. Er wurde nach anfänglichen Erfolgen niedergeschlagen, und einige der Flüchtlinge versteckten sich möglicherweise in dieser Höhle. Sie sollen im Zuge der römischen Belagerung verhungert sein. Denn die Höhle befindet sich in einem steilen Felsen, 80 Meter unterhalb des Gipfels, auf dem Überreste eines römischen Lagers gefunden worden waren. Die Römer hungerten die Angehörigen jüdischer Rebellen also vielleicht einfach aus. Eine Flucht schien kaum möglich, jedenfalls mussten sich auch die Forscher von der Klippe abseilen, um überhaupt in die "Höhle des Horrors" zu gelangen. Die dort gefundenen Schriftstücke wurden zwar mindestens 100 Jahre vor dem Bar-Kochba-Aufstand verfasst, doch als wertvolles Heiligtum von den flüchtenden Aufständischen vielleicht ebenfalls dort mit hingetragen.

(Quelle: faz.net 17.03.2021)

Fotos: dpa